Zeit ein seltenes Gut

Von Birgit Loos

Wir leben in hektischen Zeiten. Jede Minute ist fest verplant. Der Tag hat nie genug Stunden, um alle Verpflichtungen unter zu bringen. Und wenn wir wirklich einmal eine ruhige Minute finden, dann sind wir unruhig und haben den Kopf voller Dinge, die wir noch erledigen müssen, dass wir diesen einen ruhigen Moment gar nicht genießen können. Wir wuseln wie die Hamster in unserem Rad und finden weder einen Anfang noch ein Ende. Am Abend fallen wir todmüde in unser Bett und finden dennoch keinen Schlaf, weil sich unsere Gedanken im Kreis drehen und wir einfach nicht abschalten können.

Selbst im Urlaub müssen wir ständig etwas unternehmen. Rennen von einem Punkt zum nächsten, um alle, für Touristen relevanten Sehenswürdigkeiten, gesehen zu haben oder stürzen uns in ein Mehr von Freizeitaktivitäten. Bloß nicht innehalten, nur nicht still stehen, nur keine Zeit verschwenden.

Die wenigsten Menschen können noch entspannen. Die Zeit genießen. Dabei kann es so einfach sein.

An einem sonnigen Spätsommertag sich in den Garten setzen und einfach nur dem Flug eines Schmetterlings zuzusehen oder einem Vogel auf der Nahrungssuche. Oder das ganz besondere Schauspiel, wenn sich die Zugvögel auf ihren Zug in den Süden vorbereiten und in Scharen über deinen Kopf hinwegfliegen, um ihren jüngsten Mitglieder die Formationen des Fluges bei zu bringen.

Man kann auch, wie ich es in diesen Tagen getan habe, in Straßburg vor dem Münster sitzen, ein Eis essen und sich die geniale Architektur dieses Bauwerks ansehen. Ohne, dass mir jemand etwas darüber erzählen musste. Ich habe einfach jede Rosette, jede Steinfigur in mich aufgenommen und sie bewundert. Ich habe Zeit und Raum vergessen und einfach diese stille halbe Stunde (es konnte auch mehr oder wesentlich weniger gewesen sein) genossen.

Ich war entspannt und irgendwie glücklich und zufrieden. Ich hatte alle Zeit der Welt und keinen Plan, was ich als nächstes tun würde. Ich saß in der Sonne, genoss mein Eis mit allen Sinnen, beobachtete die Menschen und dachte an ... nichts.

Solche Minuten sind viel zu selten in unserem Leben und es wäre gut für uns alle, wenn wir uns hin wieder solche freie Zeiten nehmen würden. Nicht nur im Urlaub, sondern auch und gerade während der normalen Arbeitszeiten. Versuchen wir es doch einfach und verbringen jeden Tag fünf Minuten in absoluter Ruhe und mit Nichtstun, lassen wir unsere Gedanken einfach vorbeiziehen und genießen mit allen Sinnen diese freie Zeit, bevor wir uns wieder in unserem Hamsterrad einsperren lassen.

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