Fassnacht – Sinn oder Unsinn?

Von Birgit Loos

In diesem Monat beginnt in Rheinhessen und besonders in der Landeshauptstadt Mainz wieder die närrische Zeit und wie jedes Jahr scheiden sich die Geister ob den Sinn oder Unsinn dieses Brauches. So mancher Zugereiste kann sich für diesen Brauch selten erwärmen und stöhnt jedes Jahr erneut über die Narren, die sich ab Weiberfassnacht auf den Straßen der Städte und Ortschaften rund um Mainz austoben.

Der ursprüngliche „Sinn“ der Fassnacht geht zurück auf das 13. oder 14. Jahrhundert. In der Nacht zum Aschermittwoch, zum Beginn der christlichen Fastenzeit und als Vorbereitung auf Ostern, wurde noch einmal kräftig gefeiert. Denn im Gegensatz zu heute, wurde die Fastenzeit im Mittelalter noch strikt eingehalten und ein Verstoß dieser Regeln wurde streng geahndet. Aus diesem Grunde ließ man es am Vorabend der 40tägigen Fastenzeit nochmal so richtig krachen.

Auch nahm der „kleine Mann“ die Fassennacht zum Anlass, einmal ohne Angst vor Strafe, über die „Großkopferten“, wie Kaiser, Bischof oder Regierung zu lästern, denn es herrschte Narrenfreiheit. Im Großen und Ganzen. Es gab andererseits aber auch immer wieder Zeiten, wo den Narren von staatlicher Seite die Reden mit diktiert wurden, so im Dritten Reich.

1838 gab es den ersten Mainzer Rosenmontagszug und die ersten Garden bewegten sich durch die Straßen der Stadt und ließen sich feiern.

Im Laufe der Zeit wurde die Meenzer Fassenacht eine Institution in dieser Gegend. Weitere Garden wurden gegründet und der Rosenmontagszug wurde größer und größer. Zugwagen – später auch politische Wagen – fuhren mit, freie Gruppen, verkleidet als Cowboy, Indianer, Wikinger oder Clowns und die berühmten Meenzer Schwellköppe kamen hinzu und jedes Jahr zieht dieses Event tausende von Besucher aus nah und fern an, die dann mit den Meenzer feiern wollen.

Wie gesagt, den wenigsten von ihnen dürfte der Ursprung dieses Brauchtums bekannt sein und wenn, ist es ihnen auch egal. Denn ihnen geht es nur ums feiern, trinken, tanzen und natürlich auch um das ewige Spiel zwischen Mann und Frau. So manches Kind wurde und wird wahrscheinlich auch heute noch aufgrund der ausgiebigen Feier seiner Eltern neun Monate nach Fassnacht geboren werden. Nicht unbedingt ist die Mutter dann auch mit dem Vater liiert gewesen.

Die Kehrseite der Medaille sind der Schmutz und der Abfall, der jedes Jahr nach den tollen Tagen von den Straßenkehrern der Stadt Mainz bzw. von den Anwohnern in den Ortschaften weg gemacht werden muss. Es sind die Betrunkenen, in den letzten Jahren auch vielfach Minderjährige, die zum Ausnüchtern in die Kliniken gebracht werden müssen. Oder die schlechte Angewohnheit seinen Überschuss an Alkohol in den Vorgärten seiner Mitmenschen abschlagen zu müssen. Nicht jeder findet es gut, von Narren umringt gebusselt zu werden oder sonstige alberne Spielchen über sich ergehen zu lassen. So manches Mal enden diese Spielchen in einer handfesten Rauferei. Für andere macht das genau das Brauchtum aus und sie genießen jeden dieser tollen Tage.

Aber selbst in den Vereinen und Klubs der Fassenachter gibt es jedes Jahr Streit und jedes Jahr bringt die Zeitung neue Enthüllungen über Büttenredner, Zugmarschalle oder Generäle, die sich mit ihrem Verein überworfen haben. Es gibt keine ernstere Sache, als die Fassenacht, wurde mir einmal von einem Freund, der sich in der Meenzer Fassenacht engagiert, gesagt.

Und trotz alle dem wird jedes Jahr ein Zug organisiert, Reden geschrieben, Tänze eingeübt, Wagen gebaut und Kostüme geschneidert. Oft genug nur mit Spaß und Enthusiasmus und ohne das geringste Entgelt. Und das ist doch auch etwas. Deshalb lasst uns auch dieses Jahr feiern, denn jeder Tag, an dem gelacht wurde, ist kein verlorener Tag.

Und für die anderen, die sich mit der Fassennacht gar nicht anfreunden können, habe ich folgende Beschreibung der Meenzer Fassenacht von dem Humanisten Dietrich Gresemund aus dem ausgehendem 15. Jahrhundert gefunden:

Ein unorganisiertes Volksfest, mit Maskerade, Essen, Trinken, Tanzen, bei Tag und bei Nacht. Immer wieder kommt es durch derbe Späße oder unter dem Schutz der Maske ausgetragenen Händel zu Auswüchsen.

Was soll man dem noch hinzufügen. Was sich seit 600 Jahren bewährt hat, wird sich auch die nächsten 600 Jahren nicht ändern.

Helau.

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